Theaterbesuch der Grundkurse Deutsch
Der Grundkurs von Frau Pagel schildert seine Eindrücke. Dieser Bericht ist vom gesamten Grundkurs in Eigenregie verfasst worden.
Michael Kohlhaas - Ein Theaterstück am Deutschen Theater
Am Freitag um 19 Uhr gingen wir zusammen mit den anderen Deutsch-Grundkursen in das Deutsche Theater, um uns eine Aufführung „Michael Kohlhaas“ anzusehen. Die Innen- und Außenarchitektur beeindruckte uns sehr, vor allem die Altbaudecken mit den goldenen Verzierungen sowie die Emporen im Theatersaal. Dadurch entstand im Theater eine recht luxuriöse und edle Atmosphäre. Das Bühnenbild war schlicht und düster, wodurch es vielseitige Schauplätze ermöglichte. Die Vorstellung war inhaltlich sehr anspruchsvoll und schwierig zu verstehen. Da wäre es von Nutzen gewesen, hätte man vorher die Novelle gelesen. Die Leistung der Darsteller war äußerst bemerkenswert, da sie die Gedanken und Gefühle ihrer Figuren sehr gut zur Geltung bringen konnten. Die Darstellungsweise der Novelle schaffte viel Raum für weitere Interpretationen von Kleists bekanntem romantischen Werk.
Dabei muss nochmals bemerkt werden, dass es diese Interpretationen und Beobachtungen ohne umfassende Kenntnis des Originaltextes gemacht wurden. Eine Auffälligkeit war beispielsweise die chaotische Anordnung der Kapitel. Gegebenenfalls ist die Unterteilung der Novelle in Kapitel selbst eine Veränderung vom Regisseur. Diese Unterteilung sollte anscheinend die Unordnung und das Chaos von Kohlhaas’ Rachefeldzug strukturell repräsentieren. Es wies zudem vieles darauf hin, dass das gesamte Stück, mit der Ausnahme des Schlusses, eine Erzählung von Bürgern aus der Unterschicht ist. So trugen alle Figuren einfache, heruntergekommene, alte Kleider und waren größtenteils mit Dreck und Schmutz beschmiert. Dies war auch der Fall, wenn sie Personen aus der oberen Schicht verkörperten. Weiterhin unterstützt die zweite Szene, bei der sich alle darüber streiten, wer welche Person verkörpern darf, eben den Verdacht, dass diese Figuren lediglich so tun, als seien sie jemand anderes und den Großteil der Erzählung nachspielen.
Dazu kommt noch ihre schnell gesprochene, komplexe Ausdrucksweise, die sich einerseits stark an dem Originaltext orientiert. Andererseits wirkt sie widersprüchlich, da die Figuren abgesehen davon recht ungeschickt agieren. Das zeigt sich zur Genüge in ihren schmuddeligen Klamotten, ihrem gelegentlichen Fummeln, wenn sie etwas in die Hand nehmen, und der generell chaotischen Reihenfolge der Kapitel. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Figuren nur alles nachspielen. Thematisch liegt die größte Änderung definitiv im Ende. Wo Kleist Michael Kohlhaas zu einem Idol macht, der für sein Recht kämpft, kritisiert das Theaterstück die Entscheidung Kohlhaas für sein Recht, über seinen Kindern. Dabei hilft auch, dass seine Frau Liesbeth hier eine deutlich stärkere und emanzipiertere Frau ist. Auch wenn der Schluss in dieser Version äußerst gut gelang, so lässt sich darüber streiten, ob dieser Konflikt genug entwickelt wurde, zumal Kleist dieses Ende ursprünglich nicht vorgesehen hatte. Dies gibt Einem vor allem dann Bedenken, wenn sich das Stück in seiner Sprache so stark an den Originaltext hält.